Menschen sind atmende Wundertüten.
– Jörn Ehrlich

Coaching für hochbegabte Erwachsene

„Stark vereinfacht gesagt bedeutet Hochbegabung mehr von allem: mehr denken, mehr fühlen und mehr wahrnehmen“, schreibt Andrea Brackmann („Ganz normal hochbegabt. Leben als hochbegabter Erwachsener“, Stuttgart 2007). Hochbegabung sollte nicht auf den bloßen IQ-Wert reduziert werden. Vielmehr ist es ein komplexes Zusammenspiel aus kognitiven, sozialen und physiologischen Merkmalen und Herausforderungen.

Ist Hochbegabung ein Anlass für Coaching oder Beratung? Braucht man das?

Die psychologische Diskussion sowie meine Erfahrung zeigen höchst unterschiedliche Ergebnisse: viele besonders Begabte sind gut integriert, können ihr Potential entfalten und erfüllt leben. Andere berichten von immer wieder kehrenden Schwierigkeiten im Beruf oder Freundeskreis, vom Nicht-Verstanden-Werden, Konflikten mit Vorgesetzten oder dem Gefühl, „irgendwie anders“ zu sein.

Natürlich spielt auch das jeweilige Umfeld eine Rolle und nicht zuletzt jede besondere Individualität. So betrachtet, können im Coaching individuelle Muster und Dynamiken deutlich werden. Welches sind Ihre ganz persönlichen Merkmale der Hochbegabung? Vielleicht sind sie positive Erklärung für manche Besonderheiten in der eigenen Lebensgeschichte?

Diese im eigenen Selbst zu entdecken, anzuerkennen und wertzuschätzen wirkt fast immer befreiend. Es löst sich der Anspruch, immer „der Norm“ entsprechen zu müssen.

Können Sie diese Merkmale (schon) als Ressourcen schätzen und einsetzen? Kennen Sie damit einhergehenden Herausforderungen? Gemeinsam klären wir das und entwickeln Strategien.

Hochbegabung erkennen

Zu allererst und ganz wichtig: Hochbegabte Menschen sind weder „bessere“ oder „schlechtere“ Menschen als andere, sie sind weder erfolgreicher noch glücklicher oder lebenstüchtiger. Aber es gibt eine Reihe von Merkmalen, die das besondere Denken, Wahrnehmen und Handeln kennzeichnen.

Merkwürdigerweise halten sich gerade kluge und begabte Menschen oft nicht für besonders intelligent. Sie sind sich der Begrenztheit ihres Könnens und Wissens bewusst und werten das, was ihnen so leicht gelingt, selten als besondere Leistung. Immer wieder höre ich „hochbegabt? Ich doch nicht! Das ist doch ganz normal!“ Wirklich?

Anzeichen für eine Hochbegabung zeigen sich meistens schon bei Kindern und bleiben (natürlich) auch im Erwachsenenalter bestehen. Hochbegabung zeigt sich in vielen verschiedenen Facetten und auf vielen Gebieten: überdurchschnittliche geistig / intellektuelle, künstlerisch / kreative, musische, sportliche oder emotionale Fähigkeiten.

Feststellung in einem IQ-Test

In Deutschland gilt per Definition als hochbegabt, wer in einem wissenschaftlichen Test einen Intelligenzquotient (IQ) von ≥ 130 erreicht hat. Der IQ ist kein absoluter Wert, sondern ein Prozentrang und somit ein Vergleichswert. Die Erhebung und Umrechnung erfolgt über die Gauß´sche Normalverteilung. So besagt ein Wert von ≥ 130, dass man die Aufgaben des Tests besser als 97,8 %  der Gleichaltrigen gelöst hat. Etwa 2,2 % der Bevölkerung erreichen diesen Wert.

IQ Tests werden von niedergelassenen Psycholog:innen durchgeführt, allerdings sind die wenigsten auf die Testung Erwachsener spezialisiert. Alternativ bietet Mensa in Deutschland e.V. landesweit kostengünstige IQ-Gruppentests an.

Eine gute erste Orientierung bietet der ca. 20 minütige kostenlose Online-Test von Mensa in Deutschland e.V.  Man bekommt zwar keinen konkreten Wert als Rückmeldung, aber u.U. die Empfehlung, an einem Test teilzunehmen.

 

Soll ich oder soll ich nicht? Mich testen lassen? Was bringt es mir?

Einerseits eine Klarheit, die manchmal wichtig ist. Nicht nur, um Mitglied in einem Hochbegabungsverein zu werden oder um andere Vorteile wahrzunehmen, sondern auch für Selbstsicherheit und Selbstbild. Es kann sich, ausgelöst durch die neue Erkenntnis, weiter entwickeln und Basis für ein zur eigenen Persönlichkeit passenderes Leben werden.

Andererseits besteht die Gefahr der Stigmatisierung. Hochbegabte begegenen immer noch vielfältigen Vorurteilen und werden häufig von außen nur darüber definiert.

Es ist also wichtig, voher abzuwägen. Wofür „brauche“ ich die deutliche Aussage? Könnte ich es verkraften, wenn sich keine Hochbegabung herausstellen würde? Welche Auswirkungen auf mein Selbstbild hätte es?

Merkmale einer Hochbegabung: Checkliste

Hohe Intelligenz lässt sich nicht auf den IQ reduzieren. Es gibt eine Reihe von kognitiven, sozialen und physiologischen Merkmalen, die damit einhergehen:

  • Ich bin „chronisch neugierig“ und habe viele Interessen.
  • Ich verstehe manchmal nicht, dass andere Menschen mich nicht verstehen.
  • Ich fühle mich in meinen Entwicklungsmöglichkeiten stark eingeschränkt oder gebremst, weiß aber  nicht so recht warum. Im Grunde geht mir das schon das ganze Leben so …
  • Alltagsroutine löst Widerstand bei mir aus.
  • Trotz aller Fähigkeiten und Erfolge überfallen mich immer wieder starke Selbstzweifel.
  • Schon als Kind habe ich mich gerne mit philosophischen und abstrakten Fragen beschäftigt.
  • In der Schule war ich nur Mittelmaß oder ausnehmend schlecht.
  • Ich habe (zu?) hohe Ansprüche an den Job und an meine Vorgesetzte und tendiere eher zur selbstständigen Tätigkeit.
  • Ich kenne starke Stimmungsschwankungen und Gefühlsausbrüche.
  • Ich habe ein hohes Lerntempo und es fällt mir leicht, mir Neues zu erschließen.
  • Meine Bildungs- / Berufsbiografie hat Brüche.
  • Ideenvielfalt/originelle Lösungsideen, Kreativität, Freude am eigenständigen Weiterentwickeln von Gedanken gehören zu mir – damit ecke ich aber auch an.
  • Ich kann mich häufig nur schwer entscheiden, neige zu Perfektionismus.
  • Autoritäten und Normen werden hinterfragt, meine Individualität ist mir sehr wichtig.
  • Ich wurde früher von anderen gemobbt oder werde es heute noch.
  • Smalltalk strengt mich an; ich fühle mich dann manchmal „wie von einem anderen Stern“.
  • bei einem oder mehreren meiner Kinder ist eine Hochbegabung festgestellt worden.

Was kann Coaching hier bewirken?

Im Coaching geht es, meiner Erfahrung nach, zuerst um die Klärung: trifft meine Vermutung zu oder nicht? Und wenn ja, was verändert sich dadurch – beruflich und in meinem Privatleben? Was verstehe ich jetzt besser? Was will ich gestalten und ändern?

Häufig tritt erst einmal eine Enttäuschung über verpasste Chancen ein, Wut auf Schule und Elternhaus, die nicht (genug) gefördert haben. Aber berufliche Entscheidungen können hinterfragt werden, neue Chancen ausgelotet und die nächsten Karriereschritte geplant werden.

Es geht auch die Kommunikation nach außen, den Umgang mit eigenen und fremden Vorbehalten und Glaubenssätzen zu „sehr intelligent sein“ und schließlich die Vernetzung mit anderen.

Im Coaching haben all Ihre Zweifel, Fragen und Unsicherheiten Platz. Als selbst hochbegabte (und hochsensible) Person bin ich mit Vielem davon vertraut. Ich bringe meine Kompetenz, Erfahrung und Herzlichkeit in den Lösungsprozess ein.

Hochbegabt und hochsensibel?

Besondere Begabung zeigt sich unter anderem in der Fähigkeit zu rascher, vernetzter Verarbeitung vieler Eindrücke und Informationen. Dies können kongnitive Informationen sein, aber auch körperliche und emotionale Wahrnehmungen. So kann Hochbegabung mit Hochsensibilität gekoppelt sein. Eine besondere Mischung!

Buchtipps zum Thema Hochbegabung

  • „Ganz normal hochbegabt – Leben als hochbegabter Erwachsener“ – Andrea Brackmann
  • „Kluge Mädchen. Frauen entdecken ihre Hochbegabung“ – Katharina Fietze
  • „Kluge Köpfe, krumme Wege? Wie Hochbegabte den passenden Berufsweg finden“ – Andrea Schwiebert